Spiritualität im Alltag

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Ernstes Bestreben unserer Mitglieder ist es, in dieser unserer Welt, unseren Platz, der uns zugewiesen ist, als den Ort der Berufung und Bewährung zu erkennen, anzunehmen und die täglichen Erfahrungen in ihrer ganzen Wahrheit und Tiefe auf Gott hin zu verstehen. Es sind dies in erster Linie:
–    Die Annahme meiner selbst,
–    die eigene Familie,
–    der Arbeitsplatz,
–    der gelebte Alltag,
–    die Weltverantwortung.
Unsere Grundorientierung ist die Mystagogie, die Einübung in die Erfahrung der verborgenen Gegenwart Gottes, mitten im Alltag. Dazu bedarf es einer geistlichen Ordnung und geistlicher Hilfen.

Geistliche Hilfen zur mystagogischen Grunderfahrung
Die Mitglieder verpflichten sich, die geistlichen Hilfen zu einem christlich spirituellen Leben in Meditation und Kontemplation wahrzunehmen. Für den Einzelnen sind dies:
–    Gebet – Stille – Meditation,
–    Schriftlesung,
–    Unterbrechungen im täglichen Tun,
–    Eucharistiefeier

Gemeinschaftliche Verpflichtungen
–    Die regelmäßige Teilnahme an den Geistlichen Tagen,
–    Teilnahme an mehrtätigen Exerzitien einmal im Jahr,
–    die Teilnahme an den Jahrestreffen der Sasbacher Koinonia – Gemeinsamer Weg.

                           Was besagt Spiritualität des Alltags?

Unser eigentlicher Auftrag ist: in der Durchschnittlichkeit und  Gewöhnlichkeit des alltäglichen Lebens das Geheimnis der Nähe Gottes zu entdecken und davon Zeugnis zu geben. Wir erkennen darin unserem eigentlichen Verkündigungsauftrag in unserer Zeit.

Lassen wir folgende Zeugnisse einer Alltagsspiritualität tiefer bei uns ankommen:

1.    Der Prophet Micha verkündet:  „Es ist dir gesagt worden, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir erwartet. Nichts anderes als dies: Recht tun, Güte und Treue lieben, in Ehrfurcht den Weg gehen mit deinem Gott“ (6,8).

2.    Meister Eckhart in seinen Reden der Unterweisung:

„Der Mensch soll Gott in allen Dingen ergreifen und sein Gemüt daran gewöhnen, Gott allzeit gegenwärtig zu haben im Gemüt, im Streben und in der Liebe … Dies kann der Mensch nicht durch Fliehen lernen, indem er vor den Dingen flüchtet und sich äußerlich in die Einsamkeit kehrt; er muss vielmehr eine innere Einsamkeit lernen, wo und bei wem er auch sei. Er muss lernen, die Dinge zu durchbrechen und seinen Gott darin zu ergreifen.“

3.    Karl Rahner, der Theologe einer Spiritualität des Alltags:

„Der Ort, wo du stehst, die Zeit, in der du lebst, die Aufgabe, vor der du stehst, hat einen heilsgeschichtlichen Sinn. Nicht wir haben uns diesen Ort, diese Zeit, diese Aufgabe ausgesucht. Sie sind uns zugedacht. Ich kann, ja ich muss sie im Glauben annehmen. Die letzte Verantwortung liegt nicht bei mir. Der Gott der Geschichte und der Vorsehung nimmt selber seinen Teil wahr.  …

Der Weg unseres Lebens kann „nur mitten durch den Alltag, seine Not und seine Pflicht hindurchgehen, darum kann der Alltag nicht durch Flucht, sondern nur durch Standhalten und durch eine Verwandlung überwunden werden. Also muss in der Welt Gott gesucht und gefunden werden, also muss der Alltag selbst Gottes Tag, die Auskehr in die Welt Einkehr in Gott, muss der Alltag ‚Einkehrtag’ werden. Es muss der Alltag selbst gebetet werden.  …

Die Gewöhnlichkeit und Durchschnittlichkeit des Alltags sind eine große Not. Aber sie sind zugleich ein Segen. Könnten wir sie annehmen und aus ihnen lernen, dann gäbe es „für den inneren und geistlichen Menschen keinen besseren Lehrmeister … als den Alltag.“

4.    Dietrich Bonhoeffer  im Angesicht seines Todes:

„Ich erfahre es bis zur Stunde, dass man erst in der vollen Diesseitigkeit des Lebens glauben lernt. Wenn man völlig darauf verzichtet hat, aus sich selbst etwas zu machen, sei es einen Heiligen oder einen bekehrten Sünder oder einen Kirchenmann …, einen Gerechten oder einen Ungerechten, einen Kranken oder einen Gesunden – und dies nenne ich Diesseitigkeit, nämlich in der Fülle der Aufgaben, Fragen, Erfolge oder Misserfolge, Erfahrungen oder Ratlosig-keiten leben -, dann wirft man sich Gott ganz in die Arme, dann nimmt man nicht mehr die eigenen Leiden, sondern das Leiden Gottes in der Welt ernst, dann wacht man mit Christus in Getsemane, und ich denke, das ist Glaube, das ist ‚Metanoia’; und so wird man ein Mensch, ein Christ (vgl. Jer 44,5). Wie sollte man bei Erfolgen übermütig oder an Misserfolgen irre werden, wenn man im diesseitigen Leben Gottes Leiden mitleidet?“

5.    Papst Johannes XXIII.:

„Niemand soll meinen, die Christen handelten klug, wenn sie sich für die innerweltlichen Anliegen weniger einsetzten. Wir betonen mit Nachdruck, dass dieser Einsatz  von Tag zu Tag größer und stärker werden muss …

Es entspricht durchaus dem Plan der Göttlichen Vorsehung, dass sich die Menschen bilden und vervollkommnen im Vollzug ihrer täglichen Arbeit. Sie sollen deshalb ihre Arbeit so erledigen, dass sie ihre Pflichten den Anderen gegenüber erfüllen und arbeiten in Verbundenheit mit Gott durch Christus und um seiner größeren Ehre willen.“

6.    Im Hebräerbrief heißt es:

dass „Jesus unter Schmerzen den Gehorsam lernte“ (5,8). Das gilt sicher zunächst für den Weg des Kreuzes, aber dieses Wort kann man über das ganze Leben Jesu setzen. Er lernte den Gehorsam, indem er auf die Menschen zuging und sie annahm, denn nur was man annimmt, kann man verwandeln.

„Wie steht es mit unserem Lebenskonzept? Wir müssen uns einlassen in die Situation; und gerade dann, wenn uns Menschen querkommen, wenn sie uns unsympathisch sind, wenn sie uns nicht in den Weg hineinpassen, gerade dann müssen wir aufmerksam werden, ob nicht hier Gott uns zu neuen Möglichkeiten ruft, ob wir nicht jetzt den neuen Gehorsam lernen müssen“ (Ferdinand Kerstiens).

7.    Immer gilt, was der Apostel Paulus im Römerbrief sagt:

„Angesichts des Erbarmens Gottes ermahne ich euch, meine Brüder, euch selbst als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen, das Gott gefällt; das ist für euch der wahre und angemessene Gottesdienst. Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist. Aufgrund der Gnade, die mir gegeben ist, sage ich einem jeden von euch: Strebt nicht über das hinaus, was euch zukommt, sondern strebt danach, besonnen zu sein, jeder nach dem Maß des Glaubens, das Gott ihm zugeteilt hat. Denn wie wir an dem einen Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder denselben Dienst leisten, so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, als einzelne aber sind wir Glieder, die zueinander gehören. Wir haben unterschiedliche Gaben, je nach der uns verliehenen Gnade“ (Röm 12,1-5)